Kurze Warnung: Bin juristischer Laie und berate hier nicht.
1. Urheberrecht und Schulbuch-Hörtexte
Aus den meisten Druck-Büchern darf ich einen bestimmten Teil kopieren und meines Schülern und Schülerinnen zukommen lassen. So will es das Urheberrechtsgesetz, beziehungsweise wollten es die einstigen Urheberrechtsgesetzwollenden. Ausnahmen sind allerdings Musikwerke und Werke für den Unterrichtsgebrauch. Für die soll dafür immer eine eigene Regelung getroffen werden.
Und diese eigene Regelung wird auch getroffen und alle paar Jahre neu verhandelt. Das ist der “Gesamtvertrag Vervielfältigungen an Schulen” zwischen den Bundesländern und Rechteinhabern oder deren Vertretern wie VG Wort, VG Musikedition, Bildungsmedienverlage und anderen. Der aktuelle Vertrag gilt für vier Jahre, die Länder zahlen – ich weiß nicht, wie viel; für den Zeitraum der vier Jahre zuvor waren es wohl 54,4 Millionen Euro. (In der aktuellen Fassung auf den Seiten des Bayerischen Kultusministeriums stehen keine Summen im Vertragstext.)
Der Vertrag klärt zusammen mit dem Urheberrechtsgesetz:
- Darf ich gescanntes Material von einem Schulwerk meinen Schülern und Schülerinnen digital zur Verfügung stellen? Ja, bei abgegrenztem Personenkreis und nur zu einem kleinen Teil des Gesamtwerks – hätte ich gedacht. Im Gesamtvertrag steht: “Das Recht zur Herstellung von digitalen Vervielfältigungen von analogen Unterrichtswerken wird im selben Umfang gewährt, soweit es sich um Unterrichtswerke handelt, die ab dem Jahr 2005 erschienen sind. Die Vervielfältigungen dürfen nur von den Lehrkräften für ihren eigenen Unterrichtsgebrauch hergestellt und an ihre eigenen Schüler verteilt werden.” Allerdings schreibt unser Ansprechpartner bei Klett: “Das Einscannen, hochladen und digitale weiterleiten von gedruckten Schülermaterialien ist ebenfalls nicht erlaubt, weil hierfür die rechtlichen Grundlagen fehlen.” Das verstehe ich nicht.
- Darf ich eine Audiodatei von einem Nichtschulwerk meinen Schülern und Schülerinnen digital zur Verfügung stellen? Ja, bei kleinen Werken bis 5 Minuten, alternativ bis zu 12% oder maximal 5 Minuten, nur abgegrenzter Personenkreis.
- Darf ich eine Audiodatei von einem Schulwerk meinen Schülern und Schülerinnen digital zur Verfügung stellen? Nein.
Hat das der Gesetzgeber so bezweckt? War das den Vertragsparteien klar? Ich glaube mal, dass nicht, dass die einfach verschlafen haben, dass es so etwas wie Audio-Schulmaterial gibt. Denn das gibt es nämlich, die Fremdsprachenwerke sind voller Hörverstehensübungen.
Und die Fremdsprachenlehrkräfte stehen jetzt im Distanzunterricht blöd da. Wie sollen die SuS an die Hörverstehensaufnahmen kommen? Ich kenne zwei Möglichkeiten:
- Auf Mebis hochladen. Das wäre vermutlich illegal, selbst wenn man das nur immer in kurzen Zeitslots einer Klasse zur Verfügung stellt und danach wieder entfernt. Es gibt verschiedene Aussagen von verschiedenen Verlagen (aber auch verschiedene Aussagen vom gleichen Verlag), was aus Kulanzgründen unter welchen Bedingungen gestattet wird. Belastbare Erlaubnisse kenne ich keine.
- In Videokonferenzen live vermitteln, indem man die Lautsprecher einigermaßen nah ans Mikrofon hält. Das ist wohl legal. Aber die Tonqualität ist nur befriedigend. Das reicht natürlich halbwegs aus. (Das gilt wohl auch, wenn man den lokalen Systemsound zum Mikrofonsound dazumischt und den dann in die Videokonferenz schickt.)
Exkurs: Wieso wehren sich Verlage so dagegen, ihr Material in leicht verwendbarer Form zur Verfügung zu stellen? Ich denke insbesondere an Klett; vielleicht sind andere Verlage anders. Was ich brauche: Eine Pdf-Datei mit dem Buch und ein Verzeichnis mit sinnvoll benannten Pdf-Dateien. Was ich kriege: Einen dDUA (dämlichen digitalen Unterrichtsassistenten), der umständlich zu bedienen ist, aber – zugegeben – bei Kollegen und Kolleginnen gut ankommt, die alles in einer Oberfläche haben wollen und durch das Arbeiten mit Verzeichnissen verwirrt werden. Warum ist das nicht einfacher zu bedienen? Warum, rechtliche Frage, darf ich die Dateien nicht hochladen? Der Verlag deutet an, das habe etwas mit den Verträgen zum Beispiel mit den Schauspielern oder dem linzenzierten Material in den Hördateien zu tun. Ich bin da skeptisch. Geht es darum, dass die Schulen dann weniger Lehrkraft-Bände kaufen, wenn sie die Dateien digital leichter tauschen können? Aber, das können sie doch jetzt schon. Kaufen die Schüler:innen dann weniger Lehrkraft-Bände? Beschweren sich die Lehrkräfte, wenn Eltern und Nachhilfeinstitutionen und SMV dann Aufnahmen horten? Mir fällt echt kein guter Grund ein.
2. Audiodateien in einer Cloud zum Streamen zur Verfügung stellen
Ich weiß noch eine weitere Möglichkeit, Audio- und auch Videomaterial zur Verfügung zu stellen. Aber die ist vermutlich auch nicht legal? Ich bin kein Fachmann. Und zwar: vom eigenen Server zu festen Zeitpunkten streamen dergestalt, dass es schwer ist, die Datei digital zu kopieren. Da gibt es sicher verschiedene Lösungen. Wenn man ein Synology-NAS mit der entsprechenden Software hat, kann man Audiodateien in die App “Audio Station” hochladen. Das kann man so einstellen, dass nur ein kleiner Personenkreis die Dateien überhaupt hochladen kann, und ein vielleicht etwas größerer Zugriff darauf hat. Wenn man Zugriff darauf hat, sieht das wie jedes anders Musikdatei-Verwaltungsprogramm aus. Man kann sich alle Tracks eines Albums zeigen lassen:

Und dann kann man, also technisch, und wenn man die Systemberechtigung dafür hat, so eine Datei auch für die Öffentlichkeit freigeben:

Dann erhält man einen Link, den man mit der Öffentlichkeit oder einem kleinen Teil davon teilen kann:

Dieser Link ist je Nutzer:in individuell, also Nutzer A kann eine Datei freigeben und erhält einen Link, wenn Nutzerin B dieselbe Datei freigibt, erhält sie einen anderen Link, und das öffentliche Teilen kann man unabhängig voneinander ein- und ausschalten.
Dann könnte man eine Datei freigeben, also theoretisch, und der Öffentlichkeit, etwa einer Klasse in einer Videokonferenz, den Link schicken, sie ein paar Minuten die Datei anhören lassen, und danach die Freigabe beenden. Für die Schüler und Schülerinnen sähe das im Browser dann so aus; sie könnten unabhängig voneinander auf Play und Pause und soweiter klicken, die Datei aber nicht mit einfachen Mitteln herunterladen:

Ist das legaler als das wohl verbotene Hochladen auf Mebis? Dort kann man ja auch eine Datei nur kurz sichtbar schalten, anhören lassen, dann auf unsichtbar schalten. Auch dort ist das Herunterladen erschwert, aber natürlich keinesfalls unmöglich oder auch nur besonders schwer. Also: Vermutlich nicht erlaubt? Aber schick.
(Ich bin sicher, dass es auch andere, einfachere Möglichkeiten gibt, Dateien zu streamen. Das kann ja jeder Windows- oder Raspberry-Rechner zuhause, wenn man den fürs Internet öffnet. Was man übrigens nicht tun sollte, wenn man sich nicht auskennt.)