
Was für ein merkwürdiges Buch. Ein Roman über und mit Superhelden, erschienen 1977; Titelbild und Layout sehen ein wenig nach Comic aus, aber das Buch ist durch und durch Roman. So fängt es an:
There were no more heroes.
Kennedy was dead, shot by an assassin in Dallas
Batman and Robin were dead, killed when the Batcar slammed into a bus carrying black children to school in the suburbs.
Superman was missing, and presumed dead, after a Kryptonite meteor fell on Metropolis.
The Marvel family was dead; struck down by lightning.
The Lone Ranger was dead; found with an arrow in his back after Tonto returned from a Red Power conference at Wounded Knee.
Mary Mantra was dead; cut to pieces by an Amtrak locomotive when Dr. Spock tied her to the tracks and she couldn’t remove her gag.
Captain Mantra was in a sanitarium near Edgeville; said to be a helpless wretch ever since seeing his twin sister cut to shreds.
Only Wonder Woman was still in the public eye. And she had forsworn forever the use of her superpowers. Using her real name, Diana Prince, she was a leading spokesperson for women’s liberation, an associate editor of Ms. magazine, a frequent guest at late-night talk shows. Her message was that the strength of Wonder Woman resides in all women and they must learn to use it.
(Kennedy ist John F. Kennedy; Batman, Robin, Superman und Wonder Woman kennt man von DC. Captain Marvel, Captain Marvel jr. und Mary Marvel brauchten nur ihr Zauberwort zu sagen und sich in Superhelden zu verwandeln; Captain Mantra und Mary Mantra sind ihre Entsprechungen innerhalb der Handlung.)
Es gibt also keine Superhelden mehr. Der mächtigste von ihnen hat sich ganz ins Privatleben zurückgezogen, weil seine Kräfte immer weiter nachließen. Und so lebt er inzwischen das alltägliche Leben des David Brinkley, Häuschen im Vorort, Familie, unspektakulärer Beruf. Doch es scheint noch eine letzte Aufgabe für ihn zu geben – und was folgt ist ein witziges, bizarres Gemisch aus einem Roman über das Älterwerden, und einer abstrusen Superhelden-Handlung, die in so groben Strichen skizziert wird, wie man es aus Comics gewöhnt ist: Lücken im Plot gibt es zuhauf, sie spielen aber keine Rolle.
Nicht die Hauptsache, aber das Witzigste drumrum, sind die Einzelheiten aus dem plötzlich gar nicht mehr so glamourösen Superheldenalltag. Der kleine Schneider mit jiddischem Akzent, der für die Superheldengemeinschaft die Kostüme anfertigt (vor ähnlichen Konzepten in den Incredibles, Spider-Man und bei DC). Verschwitzte Kostüme. Sehr viel Sex.
Und dazu die bizarren Namen: Nebenpersonen heißen Humphrey Bogart, Nelson Rockefeller, Greta Garbo, Lorna Doone, Theo Kojak, Gregory Peck. (David Brinkley selber kommt vom Planeten Cronk und ist auf der Erde unverletztlich – außer durch die Fragmente seines zerstörten Heimatplaneten, Cronkite.) Einige dieser Leute sind ihren Vorbildern in der Wirklichkeit ähnlich, andere überhaupt nicht. Einmal wird ein Nachtclub voller Berühmtheiten erwähnt – und diese Leute heißen dann Joe Smith, Jane Doe, Jack Public.
Mayer zitiert viel Jacques Brel, ein bisschen Marvell, und mehrfach T. S. Eliot – „Prufrock“, hauptsächlich. Letzteres habe ich gleich erkannt, nicht weil ich’s gelesen habe (obwohl ich das auch habe), sondern weil ich das Zitat schon aus einem Raymond-Chandler-Roman kenne. Billige Literatur bildet.
Draufgekommen bin ich über das Vorwort von Kurt Busiek zu Astro City. Ich kenne nur diesen einen Band aus der Serie, werde mir aber noch mehr anschaffen. Ich merke einfach, dass ich einige der Geschichten darin immer noch im Kopf habe.
Nachtrag: Mehr zu Astro City hier.
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