(Aus der Reihe: Alles muss raus. Blogbeiträge des Jahrs 2008 aufräumen.)
Von meinen zwei Brüdern und deren Frauen habe ich dieses Jahr jeweils ein Buch zu Weihnachten gekriegt. Bücher, und das mir! Von beiden Büchern hatte ich noch nie gehört, und beide waren überraschend gelungene Geschenke.
Reading the Oxford English Dictionary von Ammon Shea. Penguin 2008.
Ein Erlebnisbereicht. Shea ist ein Wörterbuch-Aficionado, und macht sich an den dicksten Fisch von allen: Das Oxford English Dictionary. 20 Bände. Ein Jahr, Seite für Seite. Das OED unterscheidet sich von anderen englischen Wörterbüchern dadurch, dass es versucht, jedes englische Wort aufzuführen, das es seit Beginn der englischen Sprache gegeben hat. Und es versucht, bei jedem Wort die Fülle an Bedeutungen seit dessen Existenz aufzuführen. Dazu gehören auch viele Beispiele und Zitate, vor allem natürlich Erstbelege für das Auftreten des Worts.
Das Buch selber enthält ein Kapitel für jeden Buchstaben des Alphabets. Vorangestellt sind jeweils einige wenige Seiten darüber, warum man das OED liest, was es dabei für Probleme und Überraschungen gibt, und weitere Wörterbuchkunde und -anekdoten. Welche Wörter leicht zu definieren sind und welche schwer. (Fast ergreifend seine Ausführungen zum Wort set.) Shea beschreibt nachvollziehbar, wie die vielen Wörter ihn verwirren. Wie er zum Wort „glove“ kommt, wie es ihm völlig unvertraut erscheint und er sich wundert, dass es für einen solchen alltäglichen Gegenstand keinen üblichen Ausdruck gibt.
Davon hätte ich mir mehr gewünscht, aber vielleicht gibt es nicht so viel zu sagen dazu. Den Hauptteil der Kapitel machen dann jeweils kommentierte Fundstücke aus dem OED aus.
- Bei coenaculous (adj.) ist das schönste seine kopfschüttelnde Vermutung, an manchen Tagen müsse in der Redaktion wohl „casual-definition Friday“ gewesen sein.
- Neu war mir, dass es tatsächlich auch curtain-lecture (n.) gibt, und zwar ganz im Sinn der deutschen Gardinenpredigt. Und das mindestens schon 1755 bei Samuel Johnson.
- Bizarr ist hot cockles (n.): „A rustic game in which one player lay face downwards […], and being struck on the back by the others in turn, guessed who struck him.“ Rustic indeed.
- Micturient (adj.): das Gefühl haben, dringend pinkeln zu müssen. Cacaturient kriegt allerdings keinen eigenen Eintrag.
Und ja, das Buch macht Lust darauf, das OED zu lesen. Es gibt eine Windows- und eine Online-Ausgabe, und natürlich die 20 Bände selber. Es müssten wohl schon die sein. Aber die sind teuer, und vor allem: Sie nehmen viel Platz weg, den ich nicht habe. Ich bin schon froh, meine 33 Bände Grimmsches Wörterbuch (DWB) losgeworden zu sein. Im Moment ruhen sie beim Kollegen Z., der ihnen aber langfristig auch keinen Platz geben wird. Aber er findet, und da hat er recht, dass jeder Deutschlehrer zumindest mal ein Jahr lang damit leben sollte. Danach könnte es so eine Art Wanderpokal werden. Der Deutschlehrer, der seine Schulaufgaben als letzter zur Respizienz abgibt, muss sich ein Jahr lang das DWB ins Regal stellen.
Vorab habe ich mir nur eine Best-of-Ausgabe von Dr Johnson’s Dictionary bestellt, herausgegeben von David Crystal.
Denksport Physik. Fragen und Antworten von Lewis C. Epstein. Dtv 2006. (Amerikanisches Original 1979.) 576 Seite.
Ein tolles Buch. Mit Denksport an sich hat es nicht viel zu tun, sondern mit Physik. Es enthälte Hunderte von Fragen zu Mechanik, Licht, Wärme und so weiter, alle anschaulich illustriert. Einige davon sind Klassiker: In einem mit Wasser gefüllten Glas schwimmt ein Eiswürfel. Schmilzt dieser, a) steigt dann der Wasserspiegel im Glas, b) sinkt er, oder c) bleibt er gleich? Viele davon sind neu. Angeordnet sind sie in einer gewissen didaktischen Reihenfolge, viele der Aufgaben stellen Verfeinerungen, Verallgemeinerungen oder Sonderfälle der vorangegangenen Aufgaben dar.
Am besten ist man für die Lektüre dieses Buches Teil einer Gruppe von Leute, die schon ein bisschen was von Physik verstehen. Das können auch schon Schüler sein. Den Unterschied zwischen Geschwindigkeit und Beschleunigung sollte man schon vorher wissen. Dann nimmt man sich nach und nach eine Aufgabe vor und diskutiert in der Gruppe, welcher der angegeben Lösungsvorschläge der richtige ist.
(Zum Weiterdiskutieren gibt es zu jedem Teilbereich noch ein paar Dutzend zusätzliche Fragen, die jeweils klein gedruckt, ohne Bilder und ohne Lösungen. Am weitesten komme ich übrigens beim Kapitel „Schwingungen“.)
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