Man soll keine Versprechungen machen, die man nicht halten kann. Insofern lief das unglücklich: Zuerst waren es nur einige sehr wenige Schüler im Deutsch-LK, die gerne mit dem Laptop ihre Klausur geschrieben hätten. Verständlich. Ich beherrsche zwar noch die Kunst, mit dem Füller zu schreiben, auch zusammenhängende Texte zu schreiben, aber natürlich schreibe ich den überwältigenden Großteil meiner Texte am Computer. Wenn ich die Wahl hätte, eine Klausur am Rechner oder auf dem Papier zu schreiben, was würde ich wählen?
Die Frage stellt sich ja nicht. Ich schreibe zur Wiederverwendung (auch wenn handschriftliche Dokumente vielleicht tatsächlich länger halten als Dateien), ich schreibe nicht am Stück, sondern in Stücken, ich schreibe an verschiedenen Tagen in verschiedenen Fassungen. Natürlich schreibe ich am Rechner.
Wenn ich nur 155 Minuten Zeit hätte für eine Gedichtinterpretation, die danach abgabefertig sein müsste? Auch dann würde ich den Rechner wählen.
Aber Spaß würde es mir schon machen, mich mal mit einem unbekannten Gedicht und den Deutschkollegen aus der Schule in einen Raum zu setzen und zu sehen, wer nach dieser Zeit Tinte und Papier am produktivsten genutzt hat. Als Benefizprojekt für eine Aktion, die Aufsätze werden danach versteigert… Allerdings müsste man den Lehrern dafür auch etwas bieten, zweieinhalb Stunden konzentrierte Arbeitszeit verschenkt man nicht einfach so.
Aber ich schweife ab. Klausuren sind bekanntlich Schreibsituationen, wie es sie sonst nicht gibt, allenfalls bei der Zeitung, wenn ein Artikel zum Termin fertig sein muss. Aber selbst dann darf man digitale, analoge oder zweibeinige Nachschlagemedien benutzen.
Jedenfalls wurden es dann einige mehr im LK, die auf dem Laptop schreiben wollten, und andere hatten Befürchtungen, das Getippe – oder die Lüfter – würden sie stören. Und damit haben sie nicht so unrecht, deshalb und aus anderen, internen Gründen habe ich das ganze kurzfristig abgeblasen. Sehr zur Enttäuschung einiger Schüler.
Hier eine Liste der leichter und weniger leicht lösbaren Probleme. Irgendeinen Weg gibt es natürlich immer, es gab auch schon Leute, die handverletzungsbedingt ihr Abitur auf dem vorher peinlich genau kontrollierten Rechner schrieben.
- Lautstärkeproblem: Ungelöst. Außer man schreibt in zwei Räumen – aber eine zusätzliche Aufsicht über drei Stunden will ich den Kollegen nicht antun.
- Benachteiligung der Leute, die keinen Laptop haben: Lösbar, wenn die Schule genug Laptops für alle hat, die man ausleihen kann. Haben wir.
- Bevorzugung der Leute, die Laptoperfahrung haben und dadurch dieses dem Füller überlegene Werkzeug nutzen können: Schwierig. Das Schreiben hat ihnen alle die Grundschule beigebracht, das Tippen am Rechner allenfalls das bisschen Informatik. Ab wann darf die Schule die Schüler bevorteilen, die mehr Zugang zu Laptops hatten?
- Rechtschreibkorrektur, Unterschleif durch unerlaubte Hilfsmittel auf der Festplatte: Lösbar. Mit Laptopwagen und entsprechender Software sowieso.
- Gerichtsfestigkeit: Umständlich. Die Dateien gleich danach auf dem USB-Stäbchen einsammeln, ausdrucken und unterschreiben lassen. Nur so kann ein Schüler sicher sein, dass ich nicht bei ihm oder einem Mitschüler in die eine oder andere Richtung manipuliert habe. Zentrales drahtloses Einsammeln ginge bei uns mit dem Laptopwagen.
- Vorbereitung aufs Abitur: Eben, da muss man ja auch mit Füller und Tinte.
- Überschätzung des Nutzens: Vielleicht bringt ungeübten Schreibern, und dazu rechne ich Schüler, der Laptop weniger, als sie meinen, vielleicht ist er in jedem Fall der Tinte unterlegen. Man macht damit jedenfalls andere Fehler als bei handgeschriebenen Texten.
Am einfachsten wäre: Alle schreiben im Computerraum am Rechner. Dann darf auch jeder die Rechtschreibkorrektur benutzen, oder von mir aus auch keiner. Aber das geht nicht, so lange nicht jeder Schüler gleich vertraut mit Textverarbeitung oder auch nur der Tastatur ist. Das sehe ich auf absehbare Zeit noch überhaupt nicht.
Ich habe meinen Schülern angeboten, einen nächsten Übungsaufsatz in der Doppelstunde schreiben zu lassen, je nach Lust auf Laptop oder Papier. Zum Ausprobieren. Aber so viel Zug wie in einer echten Klausur ist dabei natürlich nicht dahinter. Mal sehen.
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