Es geht mir gut, ich koche viel, laufe jeden zweiten Tag eine Runde. Ich hätte nur gerne Zeit zum Lesen, dazu komme ich gar nicht; und ich würde gerne länger schlafen – ich wache immer so um halb sechs auf. Adrenalin? Außerdem verschwimmen die Wochentage, ich mache seit über zwei Wochen jeden Tag ungefähr das gleiche.
Ich kommuniziere gerade viel, auch weil ich die Finger nicht von Twitter lassen kann. Von wegen kontaktarm. Aber dafür kriege ich ein bisschen mit, was an anderen Schulen und in anderen Bundesländern so läuft. Da scheint es Missverständnisse zu geben. Das bayerische Kultusministerium hat – spät – eigentlich Offensichtliches klargestellt, nämlich dass es keine Prüfungen und keine Noten zur Zeit gibt, dass kein neuer Stoff gelernt wird, der später vorausgesetzt abgeprüft werden soll – es geht um Struktur, Normalität, Kontinuität. (Genauer und vielleicht einschränkender: siehe unten im Kommentar.)
Anderswo müssen Eltern viele Seiten Arbeitsblätter ausdrucken, und viele Stunden Nachhilfe geben müssen. Vielleicht gibt es Gründe dafür, das mag von Fach zu Fach und Schulart zu Schulart verschieden sein. Glücklickerweise komme ich ohne aus. Grundschule stelle ich mir sehr viel schwieriger vor.
Meine Klassen-Aufgaben zur Zeit
Ich schicke pro Klasse und Woche höchstens einen Arbeitsauftrag für die ganze Woche. Gelegentlich melde ich mich zwischendurch auch einmal, aber ohne Auftrag; bin über E‑Mail erreichbar und antworte. Ich gebe nur so viel auf, wie ich selber korrigierend bewältigen kann, oder versuche das zumindest – bei einer Klasse bin ich hinterher, deshalb auch keine neue Aufgabe, sondern nur regelmäßige Meldung.
Die Aufträge stelle ich sowohl als Pdf als auch als Forenbeitrag/E‑Mail, Abgabe wird im Forum, per Mail, oder per Moodle-Dateiabgaben-Aufgabe angenommen, als Dokument, Foto oder Pdf. Wichtiger als die Aufgaben ist so oder so der Kontakt.
7. Klasse Englisch
- Ich gebe einen Satz Vokabeln aus dem Buch zu lernen vor, die Schüler und Schülerinnen lernen die Vokabeln und machen Sätze damit und schicken mir die Sätze, als Foto vom Heft oder Datei. Ich melde rück.
- Aufgaben im Buch mit Fragen zu Texten im Buch: Lasse ich mir schicken, meist Einzelrückmeldung, teilweise Musterlösung online. Auch Hörverstehensübungen, anhören in Mebis oder als Download.
- Audiodateien anhören (via Mebis, am Handy) und Lesen üben.
- Optional: Ich habe mal das erste Kapitel von Roddy Doyle, The Giggler Treatment, hochgeladen, (2 1/2 Minuten, Geschwindigkeit 10% verlangsamt), falls jemand Arbeit braucht, und um Rückmeldung gebeten. Mal schauen, ob was kommt.
9. Klasse Englisch
Lektüre weiterlesen: Neil Gaiman, Coraline.
- Filmfassung anschauen (bei Youtube).
- Bildbeschreibungen zu Bildern schreiben, die ich dann korrigiere. (Bin gerade hinterher, aber mache das bei allen.)
- Auf Englisch einfach ins Forum schreiben, wie’s einem geht und was man sich wünscht.
- Optional und zur Übung der eigentlich geplanten mündlichen Schulaufgabe: Zu bearbeitetem fiktionalen Text im Buch einen Monolog schreiben, am Handy aufnehmen und hochladen.
- Videokonferenz, nur mal zum Herumspielen.
9. Klasse Deutsch
Lektüre besprechen: Wolfgang Herrndorf, Tschick.
- Kapitel mit Überschrift versehen und gruppieren, Foto von Hefteintrag dazu hochladen oder Datei.
- Bestimmte erzähltechnische Sonderfälle in drei bestimmten Kapiteln finden und erklären. Foto oder Datei.
- Diese Erklärung der Heldenreise anschauen und schriftlich festhalten, welche Elemente zu Tschick passen – schwierig, aber natürlich mit zusätzlicher schriftlichen Erklärung und Beschwichtigung:
9. Klasse Informatik
- Kapitel im Buch lesen.
- Klassendiagramm zu Aufgaben im Buch oder frei erstellen.
- Relationales Datenmodell aus Klassendiagramm entwickeln.
- Musterlösung ausgeteilt.
11. Klasse Informatik
- Mein zehn Jahre altes Erklärvideo zu Dijkstra-Algorithmus anschauen, Buch dazu lesen, Arbeitsblatt mit Beispiel-Durchführung dazu ausfüllen – auf Papier oder in die Datei. Drucker oder Computer nötig.
- Kapitel zu Softwareentwicklung im Buch lesen und Präsentation von mir dazu anschauen, Aufgaben im Buch beantworten. Hochladen; mit meiner Musterlösung vergleichen.
- Entwurfsmuster Model-View-Controller: 2 Seiten Pdf-Erklärung und Arbeitsauftrag lesen – Drucker oder Computer nötig. Inhaltlich eine Wiederholung, mit kleinem Arbeitsauftrag dazu, und Kapitel im Buch zu lesen.
- Gedanken machen zur Projektarbeit nach den Ferien. Spätestens dann wird es wohl Zeit für Git.
12. Klasse Deutsch
- Da mache ich am wenigsten. Kontakt halten, vager Arbeitsauftrag zur Lektüre (Bov Bjerg, Auerhaus), aber eigentlich sind die alle abiturreif. Abiaufgaben ausgeteilt, Musterlösungen angekündigt. Die sollen sich auf Mathematik konzentrieren.
- Das sind alles gewohnte, bekannte Formate, ohne technischen Aufwand zu bearbeiten. Ich nutze die vielfältigen Möglichkeiten, die Onlinezusammenarbeit bietet, nicht oder nicht aus. Kein Druck, oder nur ein bisschen – da wo ich Klassleiter bin, habe ich zumindest denen hinterhertelefoniert, von denen ich gar nichts gehört hatte: Alle könnten, wenn sie wollten. Von anderen Schulen höre ich, wie Schüler und Schülerinnen selbstständig Padlets befüllen und werde ein bisschen neidisch. Aber Deutsch 12 braucht das nicht, in Info 11 bietet sich das nicht an, und den anderen will ich das nicht zumuten.
Gut gefallen mir übrigens die Aufgaben, die ich von Kunst mitkriege: Letztlich zu Hause arbeiten, Foto hochladen, Kommentar dazu schreiben. Auch wenn nicht alle Schüler und Schülerinnen zu Hause gleiche Arbeitsmöglichkeiten haben: an der Technik wird es nicht scheitern.
Spätestens in den Osterferien, denke ich, wird man erfahren müssen, wie es danach weiter geht. Unterricht in der Schule für alle? Unterricht nur für Abschlussklassen, oder nicht einmal für die?
Wir haben uns die drei Wochen bis Ostern wacker geschlagen. Aber wenn wir danach noch weiter machen sollten, dann bräuchten wir ein paar mehr Regeln:
- Wenn weiterhin keine Noten mehr gemacht werden, dann halte ich das für meine Schulart nicht für problematisch. Keine Noten, keine Prüfungen, oder zumindest: keine Prüfungen mit Noten.
- Allerdings muss sicher gestellt werden, dass alle Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit haben, am Online-Unterricht teilzunehmen.
- Und alle müssen diese Möglichkeit soweit möglich auch nutzen. Im Moment kann ja jeder abtauchen und drei Wochen Urlaub machen – es gibt sicher keine Pflicht, an irgendwelchen Onlineaktionen von bayerischen Schulen teilzunehmen. Das müsste man ändern, zumindest formal – Druck würde man trotzdem nicht aufbauen sollen. Wer kann, muss mitmachen; sonst nicht.
- Schulintern müsste man sich einigen auf Aufgabenformate und Rechte und Pflichten von Schülern und Schülerinnen; dass man keinen Drucker zu Hause voraussetzen darf und keinen rgelmäßigen Zugang zu einem eigenen Cumputer; dass man Aufgaben so stellen muss, dass sie ohne Eltern bearbeitet werden können, dass Schüler, Schülerinnen und Eltern Rückmeldung geben müssen (mehr als sonst) über Belastung und Probleme und dass es dafür Kanäle gibt. Und Schüler und Schülerinnen müssten wissen, wie sie ihre Aufgaben machen sollen: langsamer, gründlicher, sorgfältiger als sonst, denke ich – wenn sie die Zeit haben.
- Dann könnte man die Gelegenheit auch für ein ganz anderes Arbeiten und Lernen nutzen.
Nachtrag – Was ich bei Kollegen und Kolleginnen so sehe: Umfrage in Mebis zu Umfang und Schwierigkeit des Arbeitens; Zehntklass-Lektürebesprechung im Discord-Chat (nicht das meine, aber wenn’s läuft, und – nachgefragt – alle Schüler und Schülerinnen sind drin).
Nachtrag: Sehr schöne Offline-Aufgabe via diesem Tweet: