Frage: Über die verschiedenen fehlgeschlagenen Versuche der Illuminaten, mich zu kontaktieren

(8 Kommentare.)

Auslöser war ein Anruf heute, auf dem Telefon (huch!), unter der Nummer, die hier in meinem Impressum steht. Das ist eine von mehreren Nummern, die alle zum gleichen Apparat führen. Frau (Home Office) Rau ging ran, weil ich gerade in einer Videokonferenz war; aber dann musste doch ich sprechen.

Ein Herr erkundigte sich nach den Illuminaten, da ich in meinem Blog so viel über die geschrieben hatte. (Hier, aber auch andernorts.) Er habe eine spirituelle Erfahrung oder Begegnung mit ihnen gehabt und suche nach Gleichgesinnten. Ich reagiere spontan nicht sehr lustig oder ironisch, erklärte also, dass ich viel über die echten und die popkulturellen Illuminaten wisse, dass es die nicht in einem sinnvollen Sinn gebe (aufgelöst Ende des 18. Jahrhunderts, als Studentenulk wiederbelebt in den 1960er Jahren), dass die Kommentare in meinem Blog Betrugsversuche seien, und dass ich ihm viel Glück bei seiner Suche wünsche.


Der erste Brief einer Geheimorganisation an mich ist nicht überliefert. Ich war vielleicht fünfzehn Jahre alt, hatte Stefan B. und Karl-Heinz Z. im Verdacht, und ebenso im Verdacht, mir den Brief wieder entwendet zu haben, vielleicht ist er auch verloren gegangen – genug, es gibt keinerlei Zeugnisse und ich kann mich an kaum etwas erinnern.


Der zweite Brief kam von Udo aus dem Sauerland, da war ich siebzehn:

Ich bin damals zur Post am Hauptbahnhof, weil da sämtliche Telefonbücher für ganz Westdeutschland auslagen, und las mich durch das Telefonbuch von Warstein/Suttrop, um den Inhaber der vierstelligen Nummer ausfindig zu machen. Hätten Sie doch auch getan? So viele Anschlüsse gab es da ja nicht.


Außer Konkurrenz, weil anderer Hintergrund: Eine Nacht lang Trenchcoat tragen.


Ende 2017 bekam ich meine bis zu diesem Anruf letzte Nachricht eines Geheimbundes. Es kam in der Post, Poststempel Augsburg, meine Heimatstadt: Ein auf einem Farblaserdrucker beidseitig ausgedrucktes Blatt, gefaltet und die Seiten aufgeschnitten, mit Heftklammern sauber zusammengehalten, so dass ein kleines Heftchen, eine Broschüre daraus wurde.

Der Inhalt: Eine Räuberpistole um Verschwörung und Geheimbund und abgesetzte Könige, wenn ich mich richtig erinnere, in einem fiktiven Land, mit einem fiktiven Titel. Dazu der Slogan „sapere aude“ in interessantem Design. Die Handlung erinnerte mich ein wenig an das Buch „S.“ von J.J. Abrams und Doug Dorst (Blogeintrag), aber vielleicht trügt mich meine Erinnerung da.

Der Text enthielt unter anderem ein leichtes kryptographisches Rätsel, und ein schwereres – an dem ich scheiterte. Das war mir peinlich. Ehrlich gesagt, das sah nach einer Werbeaktion oder einem Scherz aus, durchaus gut gemacht, aber nichts, das eine echt schwierige Verschlüsselung erwarten ließ. Dennoch, ich fand die Lösung nicht – und ja, ich habe auch mit CrypTool gearbeitet und hatte außerdem gedacht, dass ich zumindest in die Basics der Verschlüsselung eingestiegen war. Hybris, reine Hybris.

Die Broschüre enthielt auch den Link zu einer Webseite unter eigener Domain, auf der man aber nur die Vorlage für die Broschüre als Pdf-Datei herunterladen konnte, zusammen mit einer Bastelanleitung. Die dort herunterladbare Broschüre war, wie meine auch, deutschsprachig. Ich gab irgendwann mal auf und vergaß das ganze, bis ich heute daran erinnert wurde.

Dann nahm ich meine Recherche wieder auf; weit führte sie wieder nicht. Aber:

  • Die damalige Domain ist im Dezember 2020 (glaube ich) frei geworden, also gibt es nichts mehr unter dieser Adresse.
  • Erstmals in Erscheinung getreten ist sie im November 2017.
  • Ich habe sie mir geholt, aus sentimentalen Gründen.
  • In der Wayback Machine des Internet Archives gibt es Belege für den aktiven Zeitraum, mit dem Seiteninhalt, an den ich mich erinnere und den ich damals anscheinend nicht gespeichert habe, schlampig von mir.
  • Die Inhalte auf dieser Domain, es handelt sich lediglich um eine Seite, werden von einer externen Filehoster-Site aus eingebunden.
  • Die Inhalte sind unter einer CC-Lizenz freigeben; es gibt ein Impressum mit einer E-Mailadresse und der Ankündigung, es handle sich um eine spielerische Einführung in Verschlüsselungstechnik (was gut zum Tonfall insgesamt passt; es klingt nicht nach Betrugsversuch oder echten Spinnern).
  • Die ursprüngliche pdf-Datei lässt sich über den externen Hoster auch heute noch herunterladen, allerdings ist in der Wayback-Machine-Fassung eine englischsprachige Version und nicht wie bei mir damals eine deutschsprachige Fassung verknüpft; die englische Fassung trägt einen anderen Titel.
  • Die Grafiken zur Anleitung zum Falten des Buchs tragen deutsche Dateinamen, was den Verdacht nahelegt, dass es sich ursprünglich um ein deutschsprachiges Projekt handelt (die Kryptogramme im englischen Text habe ich mir noch nicht angeschaut). Auch der so liebevoll formatierte Schriftzug „sapere aude“ fehlt in der englischen Fassung der pdf-Datei.

Ich erwähne das vor allem deshalb, weil ich weder auf Twitter noch sonstwo im Web Hinweise auf dieses Projekt finde. Der ziemlich eindeutige Projektname ist in der deutschen Fassung ein Unikat, ich habe keinen signifkanten Treffer in Suchmaschinen gefunden, allenfalls Fehltranskriptionen in Dokumenten, die nichts damit zu tun haben. Hat niemand je etwas darüber geschrieben oder bin ich zu blöd, das zu finden? Das Projekt sah mir doch nach einigermaßen Reichweite aus.

Wenn man nach dem englischsprachen Projektnamen sucht, der auch der Name der Domain war, findet man exakt einen signifkanten Treffer – in einem Spielerforum, wo sich ein Forenmitglied danach erkundigt, ob jemand von dieser Sache gehört habe. Es hatte niemand, vor der Webseite wurde gewarnt („wer weiß, was man sich beim Herunterladen da einfängt“), das war’s.

Den Namen verrate ich extra nicht. Ich finde, so viel Geheimnis gehört respektiert. Wenn ich das an Klausis Krytpo Kolumne schicke (das bekannteste Blog zu Kryptographie in Deutschland, glaube ich), wäre das sicher bald gelöst, aber ein bisschen will ich noch träumen. Und mich vielleicht doch irgendwann noch einmal an das ungelöste Kryptogramm machen.


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8 Antworten zu „Frage: Über die verschiedenen fehlgeschlagenen Versuche der Illuminaten, mich zu kontaktieren“

  1. Ach du meine Güte! Ist das nicht ein bisschen… unheimlich? Aber Respekt für deine Spürhundqualitäten!

  2. Gerade so viel unheimlich, dass das schon wieder schön ist. Ich glaube ja nicht, dass das alles nur gemacht wurde, um *mich* zu fangen, und den einen anderen aus dem Forum. :-)

  3. Aginor

    Falls Sie irgendwann keine Lust mehr aufs Rätseln haben würden sich Klaus Schmeh und die anderen Jungs bei Klausis Krypto Kolumne sicher über das Rätsel freuen.

    Btw., inzwischen heißt das Blog „Cipherbrain“. Ich fand den alten Namen schöner aber verstehe die Gründe für die Änderung.

    Über die Kontaktaufnahmeversuche: Ich bin immer wieder fasziniert von den Kommentaren, die Sie unter dem einen Blogeintrag (war glaube ich eine Buch-Rezension) so erhalten. Frage mich ob das Scam-Versuche sind, oder ob da wirklich Leute in so einer wilden Bubble leben. Ist ja bei Verschwörungsmystikern nicht soo ungewöhnlich.

    Gruß
    Aginor

  4. Cipherbrain, tatsächlich: War mir gar nicht aufgefallen, und die Adresse enthält ja noch den alten Namen.

    Diese merkwürdigen Kommentare sind alle Scam-Versuche, da bin ich mir ziemlich sicher. Der Anruf vielleicht nicht. Aber ich glaube auch, dass es da eine ganze wilde Bubble gibt. Auch wenn die Illuminaten ein bisschen altbacken wirken, inzwischen, vielleicht.

    Und gerade gesehen: Die Frage in dem Forum, also wirklich die einzige, einzige Fundstelle, ist von jemandem auch aus München, der in diesem Forum nur ein einziges Mal gepostet hat. Das ist… ungewöhnlich.

  5. Udo Rickert

    Das habe ich geschrieben!? Mein Gedächtnis scheint gelöscht worden zu sein…
    Und was bitte habe ich am 13.11.1984 in Düsseldorf gesucht?
    Wieso hatte ich damals so eine Sauklaue?
    Fragen über Fragen.
    Vor allem frage ich mich, wessen Nummer das war (und ob Du ihn angerufen hast).
    Aber der Gesuchte dürfte Rolf sein. Denn der war mit Klaus und mir „dort“…
    (An dieser Stelle sollte jetzt eine gruselige Hintergrundmusik zu hören sein.)

  6. Udo Rickert

    Ich kann es mir einfach nicht verkneifen…
    Wenn es um unheimliche Verschwörungen geht, habe ich eine wahre Geschichte bei zu steuern…
    Es muss um 2007 gewesen sein, da besuchte ich meinen Vater. Das Telefon klingelte, ich nahm ab. Jemand meldete sich in einer vermutlich slawischen Sprache und wechselte, da ich offenkundig nichts verstand, ins Französische. Der Mann am anderen Ende wollte meinen Vater sprechen.
    Der nahm den Hörer. Da ich neben meinem Vater stehen blieb, um bei Bedarf übersetzen zu können, bekam ich mit, was der Fremde sagte.
    Ich kann mich nicht an den genauen Wortlaut erinnern, aber es war etwas sehr Kryptisches. In der Art wie „Der blaue Stier ist gelandet“, so ungefähr.
    Mein Vater entgegnete einen ebenso kryptischen Satz und legte auf.
    Dann atmete er tief durch und sagte „Es ist vorbei, jetzt kann ich reden.“
    Tja…

  7. Wenn der Brief nicht von dir wäre, wäre das Geheimnis noch größer. Zumindest stand „Udo“ darunter. Das wird dann w ohl kurz nach einem Besuch bei dir gewesen sein, als wir ein bisschen Garn spannen zum Thema „Stahl ist unvergänglich“ – ein Call-of-Cthulhu-artiger Schuhkarton voller Zeitungsschnipsel und Material, aus dem sich, richtig gelesen, eine unheimliche Geschichte herausbildet. (Ein paar mehr Details weiß ich noch, aber nicht zu viele.)

    Ja, ich habe angerufen, aber der Angerufene schien nicht recht zu wissen, worum es ging. Ich habe wohl nie herausgefunden, welches das Buch der Gefahr war.

    Zeit für einen Sauerland-Verschwörungsroman? Le taureau bleu a atterri. Er konnte reden, hat es aber nicht getan?

  8. Udo Rickert

    Oh doch. Er hat geredet. Jedenfalls ein wenig.
    Genug, um mich zu verwirren. (Irgendwoher habe ich das ja…)
    Und tatsächlich wäre das Stoff für eine ganze Romanreihe, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich dann nicht doch einen tragischen Unfall erleiden würde.
    Das Sauerland käme in diesen Romanen nur als Randerscheinung vor, die Schauplätze wären eher Spanien, die Schweiz, Osteuropa, Indochina, Algerien oder Madagaskar. Der – wie sagt man heutzutage – Bodycount wäre beachtlich. Special effects gäbe es auch genug.
    Und meistens wüßte man nicht sicher, wer Feind oder Freund ist.
    Oder wie der Protagonist gerade heißt.

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