Bei Mastodon geht gerade eine Aufgabe herum:
#20books Book Challenge: 20 Bücher, die dich geprägt haben. Ein Buch pro Tag, 20 Tage lang. Keine Erklärungen, keine Bewertungen, nur Buchcover.
Keine Erklärungen, das geht leider nicht. Und weil ich meine 20 Bücher gerne an einem Ort versammelt habe, um später auf sie zurückgreifen zu können, schreibe ich sie stattdessen hier ins Blog.
Die Auswahl ist mir leicht, aber nicht ganz leicht gefallen. „Geprägt haben,“ was heißt das? Es gibt Bücher, die nicht auf der Liste stehen, obwohl ich sie oft gelesen habe, obwohl ich sie mag, obwohl sie eine bestimmte Zeit meines Lebens für mich repräsentieren. Schweren Herzens habe ich sie nicht aufgenommen. Prägen habe ich so verstanden, dass die Bücher Spuren hinterlassen haben, Abdrücke, die heute noch an mir wahrnehmbar sind; und dass diese Abdrücke von eben diesen Büchern kommen. Denn manche anderen Bücher passen hervorragend in eben jene Abdrücke und Dellen an mir, aber nicht, weil sie sie verursacht haben, sondern weil sie sich in die vorhandene Delle/Kerbe/Macke einfügen. Aber selbst bei diesen ersten prägenden Büchern bin ich mir nicht sicher, ob sie mich geprägt haben, oder ob sie einfach zu mir gepasst haben und ich vorher schon so war.

- Karl May, Durch die Wüste, stellvertretend für den ganzen Orientzyklus. Hier habe ich darüber geschrieben. Prägung: Interesse an Exotik, fremden Sprachen, fremdem Essen, Abenteuergeschichten.
- Das moderne Lexikon, Zitate und Sprichwörter von A – Z. Das Lexikon an sich war schon auch wichtig, jedenfalls weiß ich heute noch, dass Band 2 „Aru-Bez“ war. Aber das Zitate-Lexikon hat mich geprägt. Den Teil der fremdsprachigen Zitate – griechisch, lateinisch, englisch, im Original und in Übersetzung – habe ich vollständig mehrfach gelesen, den Rest immer wieder durchgeblättert. Prägung: ein Kopf ist voller Zitate daraus, die ich im Teenageralter auch schamlos in meinen Texten eingebaut habe.
- Anekdoten. Ich habe das Buch immer wieder gelesen, weil ich so weig verstanden habe. Das war selten wirklich lustig. Und ich kannte die Leute nicht. Prägung: Ich merkte mir alle Namen. Und ich warte heute noch darauf, zu einer Rede befragt zu werden, um dann sagen zu können, sie sei wie das Schwert Karls des Großen gewesen. („Lang und flach.“ Voltaire, laut Buch. Das Schwert Karls des Großen hieß übrigens Joyeuse.)
- Mark Brandis, Verrat auf der Venus. Star Trek war meine erste Begegnung mit Science Fiction, aber die Mark-Brandis-Reihe meine erste SF-Literatur-Serie. Und zwar fing ich mit Band 2 an. Das war wichtig, weil die ersten vier Bände zusammengehörten und die Handlung erst mit dem letzten abgeschlossen war. Die Bände 2, 1 und 4 waren relativ leicht aus der Stadtbibliothek Haunstetten auszuleihen, aber auf 3 musste ich lange warten. Prägung: Wörter habe ich da gelernt („Dinghy“), und Zeichnungen dazu angefertigt, in der 6. Klasse, im Unterricht. Dazu das übliche: Humanismus, Toleranz, Widerstand gegen autoritäre Regimes.
- Willy Hochkeppel, Denken als Spiel. Auch das aus der Bibliothek und erst Jahre danach. Prägend, weil ich dadurch Wff’n’Proof kennengelernt habe, und damit polnische Notation für mathematische Logik, und Eleusis, und jahrelang immer wieder zu dem einen Rätsel von Carl Amery darin zurückkehrte, bis ich es gelöst hatte, und so Carl Amery kennenlernte, und Spiel-Theorie (dass das gleiche Spiel oder Rätsel abstrakt oder in eine Kriminalgeschichte eingepackt sein kann und damit andere Leute anspricht) Aussagen und dieses Spiel, und noch vieles mehr.
- Die Spinne Heft 112. Das war mein erstes. Anfang 6. Klasse? Prägend: das Sammeln prägte meine Flohmarkterfahrungen, führte zu Kisten voller Comics in meinem Zimmer und vielen Blogeinträgen, und mit großer Macht kommt große Verantwortung und all das. Sentimentalität und Humanismus.
- William Voltz, Der Terraner (Perry Rhodan Band 1000). Das war nicht unbedingt, aber vielleicht doch, mein erstes Heft Perry Rhodan. Das führte zu Lesen und Clubs und Fandom-Erfahrungen. Prägend obendrein: Science Fiction, Abenteuer, Humanismus, Melodrama und Sentimentalität.
- DSA-Regelbuch: Rollenspielen prägte meine Jugendjahre, noch heute treffe ich mich einmal im Jahr zum Spielen.
- Deutsch-Lesebuch: 11. Klasse, ein Lesebuch voller Lyrik, nach Gattung und Epoche geordnet und mit mehrsprachigem Anhang. Prägend: Weckte Interesse a Lyrik und Sprache.
- Spezialitäten der Welt: Exotik, fremde Länder, fremde Sprachen. So viel gelernt über die Welt daraus, vieles erst in den Jahren danach verstanden oder auch wiederentdeckt. Manche Rezepte hält mir meine Familie bis heute vor.
- Howard Philips Lovecraft, Cthulhu Geistergeschichten. Das hat sicher zu meinem atheistischen Weltbild beigetragen, zur Erkenntnis von eigentlicher Sinn- und Bedeutungslosigkeit des Lebens, aber auch zur Möglichkeit, das zu fröhlich und produktiv zu akzeptieren.
- Martin Gardner, Mathematischer Zirkus. Ich glaube, das war der erste Gardner-Band, ich habe danach noch viele weitere gelesen. Buchclubausgabe, darinselbst gekauft. Das hat mich geprägt, weil das meine erste Begegnung mit Turing-Maschine und Turing-Test war und mein Interesse an Mathematik und Rätseln befeuert wurde.
- James Hilton, Lost Horizon. Das erste von vielen Hilton-Büchern. Die üblichen Themen: Sentimentalität, Verlust, geheime Leben.
- Raymond Chandler, Farewell, My Lovely. Möglicherweise mein erster Marlowe-Roman. Ungerechtigkeit der Welt, Aufrechte Haltung, Grautöne, Sentimentalität, Metaphorik.
- Douglas Hofstadter, Gödel, Escher, Bach. Künstliche Intelligenz, Logik, Gödel, Escher und Bach (unsuprisingly), vor allem hat es mich auf die Spur von Zen-Buddhismus gebracht, der Band Zen Flesh, Zen Bones allein hat mich weiter geprägt. Buchclubausgabe, dortselbst gekauft.
- Raymond Smullyan, Buch ohne Titel. Determinus, Zen.
- A Book of English Poetry. Ich habe viele Gedichte immer wieder gelesen, etliche auswendig gelernt. Das reicht für Prägung.
- David Pringle, Dictionary of Imaginary People. Vor dem Internet, wir hatten ja nichts, nur solche Bücher. Und die führten zu einem Zettelkasten mit vielen aufgeschriebenen Büchern, denen ich in den Jahren darauf hinterherjagte. Das prägt.
- The Penguin Dictionary of Humorous Quotations. Immer wieder gelesen, hat mich Englisch gelehrt und mir berühmte Leute gezeigt, und wer öfter auftauchte, bei Büchern von dem oder der habe ich dann schnell zugegriffen. Fran Lebowitz, Dorothy Parker, George Burns.
- Robert Shea & Robert Anton Wilson, Illuminatus!
- James Branch Cabell, Jurgen.
Was fehlt: Ray Bradbury, Dandelion Wine. Robert M. Pirsig. Eine weitere Gedichtanthologie. Ein paar der Prägungen sind im Lauf der Jahre auch schwächer geworden, die sandstrahlende Zeit glättet vieles.
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