London, 1940. Einige Mitglieder unseres Teams haben im Lauf der letzten Wochen mit einem ehemaligen Teammitglied korrespondiert: Das war zuerst in einem Militärkrankenhaus bei Cambridge in Behandlung, bevor es sich dann nach Indien und schließlich Nepal aufmachte, und von zwischendurch erreichten uns immer wieder Briefe, wenn auch mit Verspätung, natürlich. (Die kamen wirklich in den letzten Monaten an die Adressen einiger Spieler, so als Vorbereitung auf die Fortsetzung der jährlichen Call-of-Cthulhu-Rollenspielkampagne. In Sütterlin, oder zumindest mit Sütterlin-Zeichensatz ausgedruckt – dementsprechend schwer zu lesen für unsereins.)
Außerdem haben wir wiederkehrende Alpträume von einer schauderhaften Stadt im Meer; die Insassen des Militärkrankenhauses reagieren besonders empfindlich, ähnlich wie Künstler weltweit. Aus Indien erreichen uns Geschichten von verschwundenen Kindern, aus Nepal von Dörfern, die einander bekriegen, von einheimischen Töpfern, die plötzlich grässliche Statuen und unverständliche Tontafeln produzieren. Wir erhalten sogar ein Paket, das einige Exempare enthält:
Auf der Suche nach einer Erklärung geraten wir an den Nachlass eines Professors Angell, der uns eine schier unglaubliche Geschichte enthüllt. Eine Insel, die aus dem Meer emporsteigt, ein Tor, das sich öffnet, ein wahnsinniges Monstrum, das daraus hervortreten wird. Die Fahrt nach Cambridge überspringend, nach Glasgow zu einem wahnsinnigen Maler und Bildhauer, die Recherchen in London – kurzum, wir müssen in den Indischen Ozean.
Das ist gar nicht so einfach – wir sind im zweiten Weltkrieg. Aber wir kriegen eine Fahrt auf einem Truppentransporter vermittelt, der RMS Berengaria. Aber die läuft bald aus, und so müssen wir überstürzt aus London aufbrechen und schnell nach Edinburgh. Die Fahrt dauert einen guten halben Tag, und der Spielleiter genoss es sehr, jede einzelne Bahnstation auf dem Weg aufzuzählen und zu jedem einzelnen Ort auf dem Weg ein Foto zu präsentieren. (Lauter ungewohnte englische und schottische Namen, versteht sich.) Schon vor Edinburgh begann ein heftiger Sturm, und nach der Ankunft erfahren wir, dass die Brücken über den Firth of Forth gesperrt sind – wir müssen Automobile mieten und einen großen Umweg fahren, bei Sturm und Regen und über kleine schottische Straßen. Anhand einer Landkarte aus den 1930er Jahren (Nachdruck, DIN A 1) schlagen wir uns unter Verlust eines der Wagen durch – eine erstaunlich spannende Sequenz. Sturm, Regen, Würfe gegen die Driving Skills der Spielerfiguren.
Die RMS Berengaria ist ein Passagierschiff, 1914 als größtes Schiff der Welt gebaut, damals noch ein deutsches Schiff unter dem Namen Imperator. Nach dem Ersten Weltkrieg ging es an England.
Wir fahren durch den Suezkanal, weichen Treibminen aus, und sind quasi schon fast in Calcutta, als es zu Schwierigkeiten kommt. Der Deckplan – eine von vielen, vielen Übersichtskarten zur RMS Berengaria – hilft uns, das Schiff gegen eine überraschende Gefahr aus dem Meer zu verteidigen.
Halb manövrierunfähig landen wir auf Sumatra. Sollen wir nach Nepal zu unserem alten Mitstreiter, oder doch Richtung Südpol, zu der Insel aus unseren Alpträumen?
Wir entscheiden uns für Nepal, und verpassen damit das eigentliche Finale des spannenden Abenteuers. Aber auch in Nepal ist es schön. (Heißer Tee mit einer Scheibe Butter darauf, Erfrierungen, Durchfall.)
Rückblick:
2007 – nur eine Zeile nebenbei.
2008 – etwas ausführlicher, mit Bild.
2009 – nur eine Zeile nebenbei (New York 1933).
2010 – einigermaßen ausführlich (Mandschuko 1934).
2011 – etwas Text, zumindest mit Bild (New Mexico, 1935).
2012 – nur ein Absatz (Görlitz, 1936).
2013 – ausführlicher (Venezuela, 1937).
2014 – in Afrika, mit Telegramm (1938).
2015 – in Italien und Polen (1939).
2016 – über die Pyrenäen und in Aachen (1940).
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